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Die Störungsmeldung

Was einem so widerfahren kann, wenn man Mobilfunk, Festnetz, Internet und TV „aus einer Hand“ bezieht, schildert diese vielleicht nicht ganz so fiktive Geschichte.

Ausgangssituation

Vertieft in epische MMORPG-Schlachten, wird unser Protagonist urplötzlich aus Spiel und TeamSpeak geschmissen. Die Ursache für den Fehler ist schnell eingegrenzt:

Die eigene, externe IP-Adresse lässt sich problemlos anpingen.

Ein Ping auf den DNS-Server des Anbieters zeigt „immer wieder einmal“ 20-30 Sekunden andauernden „Packet loss“, denen Responsezeiten von 600ms bis weit über 3000ms vorweggehen. Andere Hosts präsentieren sich ähnlich besch***en.

In Summe zeigt sich eine 69%ige Verfügbarkeit, was deutlich unter der vertraglich zugesicherten Leistung liegt.

Somit dürfte die Ursache in der Infrastruktur des Anbieters begründet liegen. Ein Blick aus dem Fenster lässt die Vermutung zu, dass irgendwo ein Kabel abgesoffen ist. Dazu muss ich sagen, dass ich 12 Jahre bei einem Netzbetreiber gearbeitet habe. Ich kenne „die Pappenheimer“ unter den möglichen Störungsursachen wie meine eigene Westentasche.

Also, brav und sicherheitshalber den Router neu gestartet und mit der frischen IP getestet. Keine Abhilfe.

Erster Anrufversuch

Mein Mobiltelefon läuft über den gleichen Anbieter. Offenbar wird die Nummer ausgewertet und der Anschluss automatisiert geprüft.

Eine Sprachansage verkündet stolz das Ergebnis: Mein Mobilfunkanschluss funktioniert fehlerfrei. Freundliche Grüße vom Sprachcomputer.

Das Gespräch ist beendet.

Zweiter Anrufversuch

Das Notfall-Handy (kein Smartphone, aber anderer Anbieter) wird zu Rate gezogen. Ich rufe damit an, darf die Vertragsnummer in den Sprachcomputer sprechen, das Wort „Störung“ sagen und frage mich, was ich denn sonst von einer Störungshotline hätte verlangen können.

Der Sprachcomputer bleibt unfreundlich und energisch: Ich könnte die Störung ja auch „online“ melden. Das Gespräch ist beendet, und ich erhalte eine SMS(!) mit einer gefühlt 2 Meter langen ID in der URL.

Auf dem PC brauche ich diese gar nicht erst eintippen: Mein Internet ist gestört (ja, wirklich!). Offenbar geht man davon aus, dass ich ja noch ein Smartphone habe (was sogar stimmt) und erwartet jetzt freundlichst, dass ich die URL aus der SMS in den Browser vom Smartphone eintippe…

Dritter Anrufversuch

Ich rufe noch einmal an – dieses Mal mit einem vorangestellten #31# (Rufnummerunterdrückung).

Vertragsnummer aufsprechen, „Störung“ sagen – das kennen wir schon. 10 Minuten später hatte ich ein(e) Mitarbeiter(in) am Telefon.

„Haben Sie ein W-LAN?“

„Ja, der Router von Ihnen hat ein W-LAN…“

„O.K. – dann liegt es am W-LAN. Auf Wiedersehen!“

(Gedächtnisprotokoll)

Das Gespräch ist beendet. Der zweite Teil des Satzes „…welches ich aber nicht benutze…“ wird niemals ausgesprochen werden. Mit anderen Worten: Ich bin sprachlos – im wahrsten Sinne des Wortes.

Vierter Anruf (…welcher letztendlich zum Erfolg führt)

Nach dem Standardprozedere (als Unterdrückter anrufen, Vertragsnummer aufsprechen und „Störung“ sagen) frage ich mich ernsthaft, warum ich mich bei Letzterem noch um eine freundliche Aussprache bemüht habe. Ich bemühe mich tatsächlich, „nett“ zu einem Computer zu sein. So weit ist es also schon gekommen.

Der / die / das nächste Mitarbeiter(in) begrüßt mich ebenfalls mit dem obligatorischen „Haben Sie ein W-LAN“. Nun – bei uns begrüßt man sich mit „Moin“, aber da lasse ich jetzt mal Fünfe gerade sein.

„Egal – bitte lassen Sie mich kurz mein Anliegen schildern“.

„Nein – ich muss wissen, ob Sie ein W-LAN haben!!!“

„Bitte lassen Sie mich doch bitte einmal einen Satz beenden. BITTE!!!“

(noch ein Gedankenprotkoll)

Ich schildere mein Anliegen mit kurzen Worten, was immer wieder mit schnippischen Kommentaren wie: „Das war jetzt aber schon mehr als ein Satz“ kommentiert wird.

„Haben Sie eine Handynummer?“

(wortwörtlich)

Oh – man ist gedanklich schon wieder einen Schritt weiter. Ich erwiedere, dass ich keine SMS wünsche.

„Kein Problem!“

(mein Lieblingssatz!)

10 Sekunden später:

„Ich schreibe einfach ‚hoher Ping‘. Dann bekommen Sie vermutlich eine SMS, dass die Störung geschlossen ist. In dem Fall rufen Sie bitte innerhalb von 24 Stunden noch einmal an und lassen die Störung wieder öffnen. Tschühüüüsss….“

(allerletztes Gedankenprotokoll, ehrlich)

Augenscheinlich gibt es da wohl eine Art Eskalationsprozess, der offenbar grundsätzlich zu nutzen ist weil man sich vermutlich eher die Ohren mit dem Gewindebohrer putzt, als einen Fehler zuzugeben.

Ich frage mich, was daran „kein Problem“ sein soll.

Ein paar Sekunden später folgt die angedrohte (unerwünschte!) SMS mit dem Hinweis, dass meine Störung aufgenommen wurde.

Ich starre gebannt auf mein Icinga2-Monitoringsystem und beobachte, wie auch noch die letzte Bastion im Internet (nämlich meine eigene öffentliche IP-Adresse) schwindet, wieder auftaucht, schwindet, wieder auftaucht.

Ah ja – man ist aktiv und folgt getreu dem Motto „Boot tut gut“. Nach ca. 30 Minuten die erleichternde(?) Meldung: Mein Anschluss ist von einer Netzstörung betroffen.

Ich finde das gut, wirklich. Das lässt ja zumindest schon mal die Rückschlüsse zu, dass es nicht an meinem Geraffel liegt und dass man sich verantwortlich fühlt.

…und nun? Was passierte danach?

Der Rest lief entspannt – das iPhone an der Firewall versorgt meine Strukturen ohne großartige Konfigurationsorgien temporär mit frischem Internet und ich beobachte am nächsten Tag freudigst, wie die „Packet loss“ Meldungen immer weniger werden.

24h später bin ich glücklich, weitere 24h später wird die Störung abgemeldet. Augenscheinlich hat man noch ein bisschen herumgetestet bevor man das Ticket schließt.

Ein Ergebnis gibt es auch

So rein technisch, also von der Entstörung her, ist das „eine Eins mit Sternchen“. Manche Sachen lassen sich halt nicht sofort reparieren, in dem Fall performt man dann halt mit Verbindlichkeit, Übernahme von Verantwortung und einer gewissen Kontinuität. Was hier ja auch erfolgt ist.

Aaaaaber, es gibt auch ein…

Persönliches Fazit

Die Art und Weise, wie Störungen aufgenommen werden, ist eine Zumutung. Wenn ich anrufe, dann möchte ich sofort mit einem Menschen sprechen, der sich um die gleiche Freundlichkeit und Wertschätzung bemüht wie ich es tue. Echt jetzt. Höflichkeit ist Minimum!

Ich möchte nicht das Gefühl haben, dass sich die Manager, Abteilungs-, Service- und Teamleiter, Aktionäre usw. so viel Geld in die Taschen stopfen, dass offenbar kein Budget mehr für ausreichend Viele und qualifizierte Mitarbeiter übrig ist.

Mit anderen Worten: DAS WAR SAUKNAPP, Jungs und Mädels!

Achja – mit meinem Produktportfolio liege ich inklusive HD-Option, zusätzlicher Smartcard, Routermiete usw. locker über 100 Euro pro Monat. Noch!

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