Ich habe eine neue Bankverbindung. Kein Problem – so könnte man meinen. Man guckt dann halt mal die Kontoauszüge der letzten Jahre durch, eruiert, wer denn so alles SEPA-Lastschriftmandate hat und informiert die „abgebucht Habenden“ über die neue Bankverbindung.
So die Theorie. In der Praxis eröffnet sich uns einer dieser drei Wege:
- Der Anbieter bietet eine Portallösung, über die man die Bankverbindung einsehen und ändern kann
- Es gibt eine App, über die man derartige Änderungen beauftragen kann
- Man schickt „unkompliziert eine E-Mail“
Und es gibt natürlich auch deutsche Behörden.
Eine kurze Google-Recherche ergibt, dass man hier zumindest in einem Fall zwingend von einem Online-Formular Gebrauch machen muss. Na, dann „machen wir das mal eben…“
Der erste sorgenvolle Blick beim Ausfüllen geht in Richtung der Titelzeile, wo ein Countdown gnadenlos herunterzählt und an den in Kürze bevorstehenden „Ablauf der Sitzung“ ermahnt.
Wer jetzt denkt es reicht, im Eilschritt durch die Wohnung zu rennen und alle Informationen flugs zusammenzusuchen, der wird schnell eines Besseren belehrt:
Nicht nur, dass z.B. die IBAN von der Bündelung (der Eingabefelder) so ganz und gar nicht der offiziellen gebündelten Schreibweise entspricht… die Schriftart innerhalb der Eingabefelder passt nicht zum Formular.
Nach jedem sinnfrei gebündelten Eingabefeld rutscht der eingegebene Text ein Stück nach links aus dem Feld heraus, so dass der erste Buchstabe bzw. die erste Zahl nicht mehr erkennbar ist.
Letztendlich darf man somit nicht nur sein ganzes Eingabegeraffel auf zahlreiche unnötige und unsinnige Bündelungen verteilen – im Anschluss klickt man auch noch mal zusätzlich in jedes Eingabefeld, um dort mit dem Cursor wieder brav nach links zu marschieren – was dann (endlich) dazu führt, dass die gesamte Eingabe lesbar ist und deutlich mehr Zeit als benötigt verbraucht wird.
Kurzum: Die gewährte „Sitzungszeit“ ist doch irgendwie knapper, als man denkt 🙂
Demjenigen, der denkt, dass der Sitzungszähler der einzige Ausdruck behördlicher Paranoia ist, sei eine weitere Enttäuschung bereitet.
Wer kurz vor Ablauf der Sitzung auf „Absenden“ klickt, wird nicht etwa mit einer Bestätigungsmeldung beglückt… …statt dessen bekommt man im Browserfenster freundlicherweise ein PDF-Formular mit den eingegebenen Informationen angeboten.
Der Weitere uns zugedachte Ablauf sieht dann so aus:
- Formular ausdrucken (wohl dem, bei dem das papierlose Büro 2021 immer noch nicht angekommen ist)
- Das ausgedruckte Formular unterschreiben
- Das unterschriebene Formular einscannen
- Das Ergebnis (ausgefüllt, gedruckt, unterschrieben, eingescannt) an die Behörde übermitteln
Und damit es so richtig schön toll sicher ist, erfolgt diese Übermittlung natürlich keinesfalls unkompliziert und unbürokratisch. Angeboten werden neben der klassischen Briefpost auch Telefax(sic!) und De-Mail.
Zu De-Mail sei noch anzumerken, dass es sich bei dem Verfahren eigentlich um die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie handelt, die eine authentifizierte und verschlüsselte Kommunikation einfordert.
Löblich, dass man diesen Weg grundsätzlich anbietet. Und umso fraglicher, dass man ihm dann dennoch nicht vertraut – ansonsten wäre es sicher auch ohne eingescannte Unterschrift möglich.
Oder?
Übrigens: Das Nach-links-scrollen in den Eingabefeldern hätte man sich sparen können: Die Schriftart wird beim Erstellen der PDF-Datei noch einmal ausgetauscht, so dass auf dem Ergebnis alles fein lesbar ist. Die Frage, warum man die Schriftart dann nicht gleich schon bei der Eingabeversion des Formulars austauscht (oder dort wenigstens die Felder groß genug gestaltet), lässt sich vermutlich ebenfalls nur mit dem Titel dieses Beitrages beantworten: „Deutschland, deine Behörden…“
Nachtrag: Im jüngst erhaltenen Bestätigungsschreiben mit der neuen Bankverbindung heißt es: „Die Änderung kann auch formfrei unter Angabe von x und y erfolgen“.
NA – VIELEN DANK AUCH FÜR DIE VERSCHWENDETE LEBENSZEIT!!!